Groß-Umstadt könnte inzwischen fast in Groß-Biberau umbenannt werden. Der Grund: Laut Bürgermeister René Kirch haben inzwischen 15 bis 17 der breitschwänzigen Säugetiere auf dem Gemarkungsgebiet ihre Dämme und Wohnhöhlen gebaut. Das bestätigt auch der Biberbeautragte Ulrich Götz-Heimberger, der im Regierungspräsidium Darmstadt (RP) auch für die Biber im Landkreis zuständig ist.
Biberdamm am alten Anglerteich wird zum Problem
Die meisten Biber bauen ihre Dämme und es stört sich kaum ein Mensch daran. Mitunter aber sind die Dämme, die dann die Bäche aufstauen, an neuralgischen Punkten gebaut und dann fühlen sich die betroffenen Bürger gestört oder es gibt Probleme durch die Aufstauung der Bäche. Meist lassen diese sich leicht beheben, so zum Beispiel am Schwimmbad, wo der Biber im Ohlebach einen Damm gebaut hat. Nachdem sich die Stadt, die Untere Wasserschutzbehörde, die Untere Naturschutzbehörde, Hessenforst und das RP den Damm angeschaut haben, beschloss man, ein 40er-Rohr über den Damm zu legen, in dem das Wasser nun über den Damm hinweg abläuft.
Gravierende Probleme gibt es nur in Ausnahmefällen, der trat aber jetzt in Semd ein. Oberhalb des ehemaligen Anglerteichs im Naturschutzgebiet Taubensemd hatte ein Biber einen Damm gebaut. In Folge der nun schon wochenlang anhaltenden Trockenheit sind die Gewässer im Gemarkungsgebiet teilweise schon ausgetrocknet, teilweise fließt noch ein wenig Wasser. In den Teich im Taubensemd, er war früher der Fischteich der Semder Angler, gelangte kaum noch Wasser, mit der Folge, dass der Teich nur noch ein Tümpel ist und nicht mehr genug Wasser für die größeren Fische hatte.
Zahlreiche Anrufe erreichten nicht nur die Stadt, sondern auch den NABU-Fachmann Wolfgang Heimer und einige Semder forderten Abhilfe und eine Rettung der Fische, die noch nicht mit dem Bauch nach oben im Wasser trieben. Wie Bürgermeister Kirch erklärte, habe man sich die Lage angesehen und angesichts des schlammigen Teiches beschloss man, keinen Menschen in das Gewässer zur Rettung der Fische zu schicken.
Aufklärung in der Bevölkerung
Wie Saskia Stoll von der Stadt ausführte, könnten Menschen durchaus im Schlamm des Teiches stecken bleiben und müssten selbst gerettet werden. Lediglich Elektroangeln sei eine Möglichkeit gewesen, die Fische aus dem Teich zu bekommen. Weil die Trockenheit aber im gesamten Landkreis vorherrscht, war ein solches Gerät nicht zu erhalten. In der Folge zerstörten dann einer oder mehrere Zeitgenossen den Biberdamm.
Am Donnerstag schaute sich dann die Delegation aus Mitarbeitern der oben genannten Behörden nicht nur den zerstörten Damm, sondern auch den Zustand des Gewässers unterhalb und oberhalb des Dammes an. „Durch das Absenken des Wasserspiegels im Bereich oberhalb des Biberdammes ist ein weiterer Lebensraum für Fische, Amphibien und Insekten verschwunden“, sagt Dr. Heimer vom NABU. Und Biberspezialist Götz-Heimberger ergänzt: „Dem Teich unterhalb hat es kaum etwas gebracht, einiges von dem Wasser, das nach Zerstörung des Biberdammes abgeflossen ist, ist gleich versickert und der Rest konnte den Fischen auch nicht mehr helfen“. Dafür ist nun der Lebensraum für die Tiere oberhalb des Dammes auch noch stark in Mitleidenschaft gezogen.
Götz-Heimberger möchte für Aufklärung in der Bevölkerung sorgen. Das Zerstören eines Biberdammes ist laut dem Deutschen Naturschutzgesetz streng verboten und kann mit einer hohen Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet werden. Wichtiger ist dem Biberspezialisten aber die Tatsache, dass das Zerstören eines Biberdammes gar nichts nutzt. Wie auch am Damm im Taubensemd ersichtlich, repariert der Biber seinen Damm sofort wieder und baut ihn in der Regel noch höher wieder auf.
Menschengemachte Probleme
Richtig verärgert reagierte hingegen der NABU-Experte Heimer: „Erreicht wurde lediglich, dass jetzt auch die letzten Fische, Libellenlarven und sonstigen Wasserbewohner ihren letzten Zufluchtsort im Bibersee weitgehend verloren haben“. Heimer, aber auch Götz-Heimberger widersprechen entschieden der Ansicht, dass der Biber Schuld am Tod der Fische hat. Dafür sei eher der Mensch mit seinem langfristigen Handeln verantwortlich.
Heimer verweist darauf, dass es viele Jahre lang ein Bestreben war, das Wasser aus der Landschaft so schnell wie möglich abfließen zu lassen. Die gesamte Semder Gemarkung sei drainiert, auch die Äcker. Das führe dazu, dass das Niederschlagswasser schnell wieder abfließe. „Wir müssen im Gegenteil dafür sorgen, dass jeder Tropfen Wasser so lange wie möglich bei uns in den Bächen und im Boden bleibt.“ Das helfe nicht nur den Fischen und Wasserlebewesen, sondern auch der Landwirtschaft, dem Grundwasseraufbau und damit allen Bürgern.
Text: Ulrike Bernauer
Fotos: FF Semd & Pixabay (Biber)